Tiger ernähren sich vor allem von großen Säugetieren, die in der Regel angepirscht und nach einem kurzen Spurt überwältigt werden. Huftiere wie Hirsche, Wildrinder und Wildschweine stellen die Hauptbeute dar, einen geringeren Teil der Nahrung machen auch kleinere Säuger wie Hasen und Kaninchen, des Weiteren Vögel, aber auch Reptilien bis hin zu größerenKrokodilen aus. Der Tiger kann im Alleingang auch so mächtige Tiere wie Gaurbullen erlegen.
Die wichtigsten Beutetiere
des Tigers sind im gesamten Verbreitungsgebiet Hirsche und
Wildschweine. In den Nationalparks auf dem indischen Subkontinent, etwa
inChitwan (Nepal), Nagahole (Indien) und Kanha (Indien), machen größere Hirsche (Axishir sch, Sambarhirsch,
Barasingha) deutlich mehr als die Hälfte der Biomasse der Tigerbeute
aus. Insbesondere in Nagarhole stellt darüber hinaus der riesige Gaur
einen großen Anteil der Tigerbeute. Weitere wichtige Beutetiere der
Region sind Wildschweine, Schweinshirsche und Muntjakhirsche, während
Stachelschweine, Hasen und Languren unter anderem aufgrund ihrer
geringen Größe einen relativ geringen Teil der Tigernahrung dieser
Reservate ausmachen.In einigen Gebieten des indischen Subkontinents
stellen auch Antilopen, insbesondere die Nilgauantilope, wichtige
Beutetiere dar Im thailändischen Huai-Kha-Kaeng-Wildreservat setzt sich
die Hauptnahrung des Tigers abwechslungsreich aus Sambarhirschen, Muntjakhirschen,
Wildschweinen, Stachelschweinen und Schweinsdachsen zusammen. Im
Sichote-Alin-Naturreservat im russischen Fernen Osten besteht die
Hauptmasse der Nahrung dagegen aus Isubrahirschen
und Wildschweinen. Insgesamt hängt die Existenz des Tigers vom
Vorkommen relativ großer Beutetiere wie Hirschen und Wildschweinen ab.
Die erloschenen Vorkommen des Kaspischen Tigers deckten sich
beispielsweise ebenfalls mit den Beständen vonBucharahirschen, Rehen
und Wildschweinen in den Flusswäldern der ansonsten trockenen Region
Vorderasiens. In Tadschikistan stellte der Kaspische Tiger einst auch
Kropfgazellen und Rotfüchsen nach, an Flussläufen in der Steppe der
ehemaligen Sowjetunion soll er sogar Jagd auf Saigaantilopen
gemacht haben. Tiger können Beutetiere erlegen, die ihr eigenes Gewicht
um ein Mehrfaches übertreffen. Regelmäßig werden etwa große Wildrinder
wieArnibüffel und Gaure erlegt, wobei meist Kühe und Kälber gerissen
werden. Gelegentlich reißen Tiger auch Schabrackentapire
und bisweilen selbst junge Panzernashörner, die sich zu weit von der
Mutter entfernt haben. Angriffe auf wilde Elefanten sind äußerst selten
und beschränken sich in der Regel auf Kälber, obwohl sogar glaubwürdige
Berichte von erfolgreichen Angriffen auf ausgewachsene Bullen
existieren. In manchen Populationen machen auchBären einen Anteil der
Beute aus. Während die Indischen Lippenbären offenbar selten Opfer von
Tigern werden, zählen Kragenbären
und seltener auch Braunbären zu den potentiellen Beutetieren der
Sibirischen Amurtiger. Insgesamt stellen Bären im Fernen Osten
Russlands etwa 5 bis 8 % der Tigerbeute dar, wobei auch
ausgewachsene Braunbären erlegt
werden. Sambarhirsch
Im russischen fernen Osten reißt der Tiger neben Isubrahirschen und Wildschweinen vor allem Elche, Sikahirsche, Moschustiere, Rehe und Gorale, gelegentlich auch Nordluchse, Dachse, Hasen und sogar Haselhühner. In ähnlicher Weise erlegt der Tiger in Indien gelegentlich Kleintiere, wie Nager, Schildkröten, Fische und sogar Heuschrecken und Frösche. Auch Fleischfresser wie größere Krokodile werden bisweilen erlegt, Leoparden werden meist als Nahrungskonkurrenten getötet, seltener auch gefressen. Darüber hinaus werden auch Früchte und Gräser aufgenommen. Aas scheint der Tiger weniger bereitwillig zu fressen als etwa der Löwe. Kannibalismus kommt vor, doch werden im Normalfall nur Jungtiere von fremden Männchen oder tot aufgefundene Artgenossen gefressen.
Darüber hinaus greift der Tiger bisweilen Nutztiere an. Insbesondere Hunde und größere Huftiere wie Ziegen, Schafe, Rinder, Hauswasserbüffel, Esel und Pferde werden erbeutet. Während Angriffe auf Haustiere normalerweise die Ausnahme darstellen, gibt es insbesondere in Indien Tiger, die sich auf diese Art des Nahrungserwerbs spezialisiert haben. Sie werden im Unterschied zu den Tieren, die von wildlebender Beute leben (game killer), als Viehtöter (cattle killer) bezeichnet.
Tiger schleichen sich an ihre Beute heran oder lauern ihr auf und fallen sie nach wenigen Sätzen oder einem kurzen Spurt an.
Im Gegensatz zum Löwen scheinen Tiger die Windrichtung bei der Jagd zu
berücksichtigen und nähern sich bevorzugt gegen den Wind. Dabei nähert
sich der Räuber geduckt und versucht, sich dem Opfer auf
durchschnittlich etwa zehn bis 35 m zu nähern. Falls die Distanz
zu groß ist und sich keine weitere Deckung bietet, wartet der Tiger,
bis sich das Opfer gegebenenfalls von selbst nähert. Der Angriff
erfolgt in vollem Spurt,
bei kurzer Distanz, im tiefen Schnee oder unwegsamen Gelände auch in
großen Sätzen. Falls der Tiger das Opfer nicht sofort erreicht,
verfolgt er es maximal 100 bis 200 m. Danach bricht er die
Verfolgung normalerweise ab. Hat er das Beutetier erreicht, versucht er
größere Tiere meist durch die Wucht des Aufpralls zu Boden zu reißen.
In der Regel greift er bei größeren Tieren meist von unten oder der
Seite an, um die Kehle mit dem Maul zu erreichen. Dabei wird das Opfer
meist stranguliert. Die Pranken dienen dabei dazu, das Opfer
festzuhalten. Kleinere Tiere werden meist durch Nackenbisse getötet.
Gelegentlich beißt der Tiger auch bei größeren Beutetieren in den
Nacken des Opfers, meist um die Wirbel durchzubeißen. Wirklich große
Beutetiere wie ausgewachsene Wildrinder können aber auf diese Weise
kaum getötet werden und werden daher durch Bisse in Kehle oder Maul
angegriffen. Daneben kommt eine weitere Tötungsmethode in Betracht. So
werden häufiger Beutetiere mit gebrochenem Genick aufgefunden, wobei
unklar ist, ob dies unabsichtlich beim Aufprall oder gezielt geschieht.
Wildrinder und Jungelefanten werden darüber hinaus auch von hinten
angegriffen, mit dem Ziel, ihnen dieFlechsen durchzubeißen. Bei der
Jagd auf Bären greifen Tiger offenbar ebenfalls von hinten an, wobei
sie versuchen, ihnen die Nackenwirbel durchzubeißen. Auch beim Angriff
auf einen ausgewachsenen Elefanten, was nur in Ausnahmefällen vorkommt,
muss der Tiger von hinten attackieren, um dem Rüssel zu entgehen.
Offenbar erfolgen derartige Angriffe meist gemeinschaftlich. Ein Tiger
lenkt dann den Elefanten ab, während ein anderer von hinten angreift.
Nach einem Sprung auf den Rücken versucht die Katze, den Elefanten
durch Bisse zu verwunden, was mehrmals wiederholt wird und so zur
Erschöpfung und zu hohem Blutverlust des Tieres führt.
Das erlegte Beutetier wird in der Regel in ein geschütztes Versteck gezerrt, wobei selbst ausgewachsene Rinder mehrere hundert Meter weit geschleift werden können. Tiger beginnen meist am Hinterteil zu fressen, während Löwen in der Regel zuerst die Bauchhöhle öffnen. Der Räuber trinkt regelmäßig nach oder während des Fressens und verweilt normalerweise in der Nähe der Beute, bis diese verzehrt ist. Entfernt er sich weiter von seinem Riss, bedeckt er ihn mit Laub und Ästen. Bei größeren Beutetieren bleiben meist der Kopf und die Beine übrig. Ein Tiger kann bei einer einzigen Mahlzeit schätzungsweise 18 bis 27 kg, in Extremfällen vermutlich auch bis zu 40 kg zu sich nehmen.
Ein Tigerweibchen benötigt pro Tag etwa 5 bis 6 kg Fleisch. Da von einem Kadaver durchschnittlich nur zwei Drittel verwertbar sind, muss das Tier im Jahr mindestens Beutetiere von einem Gesamtgewicht zwischen 2400 und 2850 kg zur Verfügung haben. Dies entspräche etwa einem Sambarhirsch von 200 kg alle vier Wochen beziehungsweise einem Muntjak alle zwei bis drei Tage. Während der Jungenaufzucht liegt der Fleischbedarf etwa um bis zu 50 % höher. Ein Tigerweibchen in Sibirien, das Junge führt, benötigt rechnerisch etwa 5000 kg Fleisch pro Jahr, was etwa 50 großen Beutetieren mit einem Durchschnittsgewicht von 100 kg entspricht. Nach dem Fressen säubert der Tiger sein Fell gründlich vom Blut des Opfers und anderem Schmutz durch Ablecken. Der Kopf wird mit der Vorderpranke gereinigt, die selbst wiederum immer wieder abgeleckt wird. Auch während der Ruhephasen säubert der Tiger auf diese Weise gelegentlich sein Fell.